Einig ist man sich nicht, w a s den früher ungewöhnlichen Namen "Negerdorf" für die kleine, ca. 1936 gebaute Siedlung am Oher Weg ausgelöst hat; w o h e r er kommt, ist dagegen klar: Der Volksmund hatte hier prägend gewirkt.
Für die Einen war es der schwarzblaue Tarnanstrich, den die Siedlung bekommen hatte, den Anderen erschien die Aufstellung der Gebäude mit Aufmarschplatz "wie ein Negerkral". Ein Übriges taten die Strohdächer.
Die Siedlung war den Offizieren und höheren Angestellten des gerade ebenfalls im Bau befindlichen Heereszeugamtes vorbehalten. Nur wenig ist an den Gebäuden in den vergangenen Jahrzehnten geändert worden, in denen der Bund die Wohnungen auch an "Zivilisten" vermietet hat. Deshalb konnten sie vor einigen Jahren auch mit Fug und Recht unter Denkmalschutz gestellt werden.
Als der Bund die Reetdachhäuser 2003 wegen der bevorstehenden Auflösung des Depots verkaufen wollte, fand sich mit der Baugenossenschaft Freier Gewerkschafter (BGFG) ein Käufer, dem nicht nur der Erhalt der historischen Substanz ein Anliegen war. Bei der Sanierung wurde das ursprüngliche Ambiente sogar teilweise wiederhergestellt. Ein weiteres Kleinod Glindes konnte so über die Zeiten gerettet werden.
Zeittafel:
1936/37 Die Anlage mit sieben Wohngebäuden und 24 Wohnungen für die Offiziere und Beamten des Heereszeugamtes wird im Stil einer Gutsanlage mit symmetrisch streng darauf ausgerichteten "Gefolgschaftshäusern" erbaut. 1945 Nach dem Krieg wurden in der Siedlung auch Flüchtlingsfamilien und Heimatvertriebene untergebracht. 1961 Der volkstümliche Name "Negerdorf" wird offiziell durch das Landesbauamt Lübeck übernommen. 1969 Nachdem der Bund Anfang der 60er Jahre das Gelände als Rechtsnachfolger des Dritten Reiches von den Engländern übernahm, übergab dieser es 1969 der Bundeswehr. Sie ließ hier wiederum Bedienstete einziehen. 1992 Erster Versuch das Negerdorf unter Denkmalschutz zu stellen. 2002 stand die Siedlung wegen der absehbaren Aufgabe des Depots zum Verkauf. Die nun möglicherweise drohende Aufteilung und der Einzelverkauf beunruhigte viele Mieter. Die Stadt Glinde beantragte deshalb die Festlegung als Denkmalbereich. 2003 Durch die Landesverordnung über den Denkmalbereich "Siedlung Oher Weg" werden "Siedlungsgrundriss und das Erscheinungsbild der Siedlung" unter Schutz gestellt. Jede Änderung wurde genehmigungspflichtig - ein wichtiger Schritt für den Erhalt der Reetdachsiedlung. Die Baugenossenschaft freier Gewerkschafter eG (BGFG) aus Hamburg erwirbt die Siedlung. Stück für Stück wurden die Häuser mit den insgesamt 24 Wohnungen saniert und modernisiert. 2015 Die BGFG und die Stadt Glinde ersetzen die heute nicht mehr als politisch korrekt angesehene Bezeichnung "Negerdorf" durch "Siedlung Oher Weg".
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Wolfgang Manthei Tel. (040) 712 36 28 E-Mail: wmimanthei@gmail.com